CD-Kritik: Them Crooked Vultures, Dave Grohls Supergroup
Der entscheidende Hinweis liegt im Kleingedruckten: “Them Crooked Vultures is Dave Grohl, Joshua Homme, John Paul Jones” steht links oben als Aufkleber auf dem CD-Cover von Them Crooked Vultures. Eine neue Supergroup ist geboren wie es sie vor 40 Jahren zum ersten Mal gab, als Eric Clapton, Ginger Baker, Steve Winwood und Ric Grech sich zu Blind Faith zusammentaten. John Paul Jones war damals schon im Geschäft – als Bassist von Led Zeppelin, die in den 70er Jahren zur größten und einflussreichsten Hardrock-Band der Popgeschichte aufsteigen sollte. Josh Homme (Jahrgang 1973) war da noch gar nicht geboren, Dave Grohl gerade ein paar Monate alt. Es war Dave Grohls Idee den legendären Bassisten zu fragen, ob er nicht mit ihm und Homme zusammen ein Projekt starten wollte. Homme war ehrfurchtsvoll skeptisch (”Da kannst Du auch den Präsidenten fragen…”), doch John Paul Jones wollte. Zeit hatte er auch genug, nachdem es nun definitiv keine Reunion von Led Zeppelin geben wird. Warum also nicht mit zwei jungen Krachmachern auf die Bühne und ins Studio gehen?
Die natürlich ausverkaufte US-Tournee im Frühherbst wurde von euphorischen Reaktionen von Publikum und Kritik begleitet, jetzt gibt es auch ein Album des Trios, das den Geier zum Wappentier erhoben hat. Aber keine Angst, Jones, Homme und Grohl sind keine Leichenfledderer des Genres. Neuerer natürlich auch nicht, aber das hat sicher auch niemand erwartet. Them Crooked Vultures spielen bluesgetränkten Hardrock wie ihn in den 60ern Cream und in den 70ern Led Zeppelin gespielt haben, das Trio agiert mit der Wildheit des Punk, die Verstärker sind weit aufgerissen, am Schlagzeug knüppelt Dave Grohl wie ein Berserker, so wie er es schon zu Nirvana-Zeiten getan hat. Mainstream-Rock wie Grohl ihn als Sänger und Gitarrist mit seinen Foo Fighters pflegt, gibt es bei Them Crooked Vultures nicht. “Perverted blues” nennt Josh Homme den Stil der drei Rock-Geier.
Anfang des Jahres jammten Grohl, Homme und Jones zusammen in einem Studio in Los Angeles, die Begenung des 63 Jahre alten Engländers mit den 23 bzw. 27 jüngeren Amerikanern klappte. “So eine Jam Session ist wie ein Blind Date”, erzählte Dave Grohl gerade dem britischen Magazin MOJO, “du kreuzt deine Finger und hoffst, dass es nicht peinlich wird. Mit der falschen Person zu jammen, kann genauso peinlich sein wie mit jemanden zu bumsen, den du eigentlich nicht magst.” Ein halbes Jahr hielt das Trio seine Pläne unter strengem Verschluss, weil sich sonst Journalisten und Konzertveranstalter im Sturzflug auf die drei Musikergrößen gestürzt hätten. Als Them Croked Vultures am 10. August im Metro von Chicago ihr erstes Konzert gaben, war das Album bereits im Kasten und die Band perfekt aufeinander abgestimmt. Was zwischen Homme und Grohl auch nicht besonders schwierig war, denn im Jahr 2002 hatte Dave Grohl in seiner sten Foo-Fighters-Auszeit während einer Tournee auf dem Schlagzeugschemel bei Hommes Band Queens Of The Stone Age gesessen.
Seine diesjährige Auszeit von seiner megaerfolgreichen Band – eigentlich gedacht, um sich intensiv seinem im April neugeborenen Sohn Harper, Tochter Voilet Maye (3) und Gattin Jordyn Blum zu widmen – nutzte Dave Grohl glücklicherweise für ein Projekt, das eine der stärksten Rockplatten des Jahres hervorgebracht hat. Das Album beginnt mit dem Hammersong “No One Loves Me & Neither Do I” und endet 66 Minuten später mit “Spinning In Daffodils”. Eine Verschnaufpause gibt es nicht. Nachdem Them Crooked Vultures drei Clubkonzerte in Deutschland gegeben haben, wäre es schön sie im kommenden Jahr bei den großen Festivals zu erleben. Dann sind wir auch nicht ganz so traurig, dass wir den Gedanken an ein Led-Zeppelin-Konzert endgültig begraben dürfen, aber der Mythos von John Paul Jones’ ehemaliger Band erhalten bleibt.
Them Crooked Vultures (SonyBMG)